Das Umweltzentrum-Archiv

Die Bestände des Umweltzentrum-Archivs Münster wurden 2011 dem afas in Duisburg angegliedert

Im Jahre 1980 gründeten Mitglieder des Münsteraner Arbeitskreis Umwelt (AKU) das Umweltzentrum (UWZ), als Zentrum „für alle, die unabhängig von Parteien und Verbänden selbstorganisiert arbeiten wollen“. Mit der Gründung dieses ökologischen und libertären Bewegungsladens entstand auch das Umweltzentrum-Archiv.
Im Laufe der Jahre wurde dieses ehrenamtlich betreute Archiv der Sozialen Bewegungen zu einem der größten seiner Art. Dazu haben u.a. viele Buch- und Zeitungsspenden beigetragen. Auch die AnArchive der Graswurzelrevolution, des 1992 geschlossenen Anarchistischen Zentrums Themroc, des Infoladen Bankrott und Teile des BD-Archivs wurden in das UWZ-Archiv integriert.
Bis Anfang 2011 war es im Interkulturellen Zentrum Don Quijote in der Scharnhorststraße 57 beheimatet.
Der Umweltzentrum Archiv-Verein und das Projekt „Münsters Geschichte von unten“ (www.uwz-archiv.de) werden weiter bestehen. Weil in Münster aber keine bezahlbaren Räume gefunden werden konnten, der bisherige Raum zu feucht ist und sich die Fairdruckt-Druckerei im Don Qui vergrößern möchte, wird das UWZ-Archiv in den nächsten Wochen peu á peu dem befreundeten Archiv für alternatives Schrifttum (afas) in Duisburg angegliedert. Das afas wird somit zum wohl größten Alternativarchiv in der Bundesrepublik.                      

Bernd Drücke (Mitglied des Umweltzentrum-Archiv e.V.), aus: Graswurzelrevolution Nr. 356, Februar 2011

weitere Infos:

http://www.linksnet.de/de/artikel/28274

http://www.linksnet.de/de/artikel/26375

Kontakt:

Umweltzentrum-Archiv e.V. / www.uwz-archiv.de
c/o Dr. Bernd Drücke / Redaktion Graswurzelrevolution, Breul 43, 48143 Münster. Tel.: 0251/4829057, redaktion [at] graswurzel [dot] net

Umweltzentrum-Archiv Münster, c/o Archiv für alternatives Schrifttum Schwarzenberger Str. 147 47226 Duisburg, Tel.: 0 20 65 / 747 15, Fax: 0 20 65 / 747 37, afas-archiv(at)t-online(dot)de, www.afas-archiv.de

 

Selbstdarstellung des UWZ-Archiv e.V. (aus dem Jahre 2007):

Münsters Bibliothek der Sozialen Bewegungen. Eine Geschichte von unten.

Im Gegensatz zu Parteien und Institutionen gibt es für soziale Bewegungen keine offiziellen Stellen mit dem Auftrag, deren Geschichte zu bewahren. Deshalb entstanden verstärkt seit dem Aufkommen der Neuen Sozialen Bewegungen – wie etwa die Frauenbewegung, die Friedensbewegung und die Anti-Atom-Bewegung in den 1970er Jahren überall in der Bundesrepublik „Bewegungsarchive“, welche oft in Infoläden und libertären Zentren zu finden sind.

Die Betreiberinnen und Betreiber wollen dadurch eine Aufarbeitung der eigenen Geschichte unterstützen, indem sie „als eine Art 'Gedächtnis für die Linke' fungieren, Materialien sammeln und Interessierten für Geschichtsarbeit zur Verfügung stellen“, so das Berliner Papiertiger-Archiv in einer Selbstdarstellung. Für Bewegungen von unten werde es zukünftig von großer Bedeutung sein, dass die Zeugnisse ihrer Geschichte nicht verloren gehen und breiten Kreisen frei zugänglich bleiben. „Archive [...] bieten [...]  für heutige Initiativen Anknüpfungspunkte zu früheren Erfahrungen und ermöglichen dadurch theoretische und praktische Kontinuität politischen Handelns, die auf Grund der spezifischen Bewegungsstrukturen sonst nur schwer hergestellt werden können. Soweit es uns möglich ist, wollen wir diesen Prozess durch unsere Arbeit unterstützen.“

Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit existieren heute in Deutschland noch etwa 270 Archive von unten. Eines der überregional bedeutenden ist das Münsteraner Umweltzentrum-Archiv.

Geschichte des Umweltzentrum-Archivs

Im Jahre 1980 gründeten Mitglieder des Münsteraner Arbeitskreis Umwelt (AKU) das Umweltzentrum (UWZ) Münster. Es sollte ein Zentrum sein „für alle, die unabhängig von Parteien und Verbänden selbstorganisiert arbeiten wollen“.

Mit der Gründung dieses ökologischen und sozialen Bewegungsladens entstand auch das Umweltzentrum-Archiv. Im Laufe der Jahre wuchs dieses ehrenamtlich betreute und durch Buch- und Zeitungsspenden stetig weiter wachsende Archiv der Sozialen Bewegungen zu einem der größten Alternativarchive in der Bundesrepublik Deutschland.

Die Bestände dieser Alternativbibliothek füllen derzeit ca. 500 Regalmeter, 15.000 in der Datenbank vorhandene Titel mit 33.000 Schlagwörtern. Sie wurden zusammengetragen von vielen politisch in Bürgerinitiativen und sozialen Bewegungen aktiven Menschen vor allem aus Münster und Nordrhein-Westfalen. Die Themenbereiche sind mit der Arbeit bestehender und ehemaliger UWZ-Gruppen verbunden. Thematische Schwerpunkte des Archivs sind: Umwelt, Anti-Atompolitik, Internationalismus, Antimilitarismus, Kriminalisierung, Frauenbewegung, Anarchismus, Gesundheit, Münster, Alternativen, Antifaschismus, Geschichte, Theorie, Philosophie u. a.

Neubeginn

Im Dezember 2004 nahmen etwa 40 AktivistInnen an einer Vollversammlung der FreundInnen und NutzerInnen des Umweltzentrums teil. Sieben Frauen und Männer aus verschiedenen linken und libertären Münsteraner Gruppen wurden aufgefordert einen „neutralen“ Trägerverein für das Umweltzentrum-Archiv zu gründen und Räumlichkeiten anzumieten, zu denen alle Zutritt haben.

Heute befindet sich das Umweltzentrum-Archiv in den Räumen des Interkulturellen Zentrums Don Quijote. Dank des Engagements der Ladengruppe, die sich gemeinsam mit dem Verein für den Erhalt des Archivs einsetzt und durch tägliche Präsenzdienste einen öffentlichen Zugang zum Archiv ermöglicht, konnte die Bewegungsbibliothek weiter ausgebaut und gestaltet werden.

Ziele des Umweltzentrum Archiv e.V.

„Wir wollen die Materialien sozialer Bewegungen der Öffentlichkeit zugänglich machen und die Geschichte außerparlamentarischer Bewegungen dokumentieren. Eine politische Aufgabe sehen wir darin, Geschichte von unten lebendig zu halten,“ so heißt es im Mai 2005 in einem Artikel des Umweltzentrum-Archiv-Vereins in der Graswurzelrevolution Nr. 299. 

Deshalb sammelt das Umweltzentrum-Archiv u. a. Bücher, Broschüren, Zeitschriften, Zeitungen, Kalender, CDs, Videos, Internetbeiträge, Bild- und Tondokumente. Der Schwerpunkt liegt auf der Zeit von Anfang der sechziger Jahre bis heute. Bei den archivierten Materialien handelt es sich primär um „graue Literatur“, die von der offiziellen Geschichtsschreibung weitgehend ignoriert wird und sich selten in Uni- und Stadtbüchereien findet: Zeitungen, Zeitschriften, Flugblätter, Plakate, Dokumentationen, interne Protokolle, Diskussionspapiere aus alternativen, linken, ökologischen, undogmatischen, antimilitaristischen, basisdemokratischen, libertären u. a. sozialen Bewegungen. Auch studentische Publikationen werden archiviert.

Die Ziele des Vereins sollen u. a. erreicht werden durch:

  • Regelmäßige Präsenzzeiten, in denen das Archiv öffentlich zugänglich ist;
  • Erstellen von Bestandskatalogen, wie sie auch in wissenschaftlichen Bibliotheken angelegt werden;
  • Dokumentation/Bestandsaufnahme durch EDV, auch im Internet;
  • Veröffentlichung eigener Publikationen, z. B. in Form von Bibliographien, Dokumentationen, wissenschaftlichen Untersuchungen,...;
  • Beschaffung aktuell erscheinender Zeitungen und Zeitschriften aus den sozialen Bewegungen;
  • Beschaffung alter Jahrgänge noch erscheinender oder eingestellter Periodika;
  • Beschaffung aktueller und historischer Flugblätter und -schriften, Broschüren, Dokumentationen,...;
  • Übernahme von Privat- und Gruppenarchiven;
  • Fotokopieren von Materialien, die in anderen, auch privaten, Archiven gesammelt werden und die im Original für das Archiv nicht mehr zu beschaffen sind.

Das Umweltzentrum-Archiv wächst seit 27 Jahren kontinuierlich. Dieses bundesweit für soziale Bewegungen wichtige Projekt finanziert sich ausschließlich durch Spenden und bittet um Unterstützung, auch in Form von Engagement und Mitarbeit.

„Wir wollen, dass der Geist von Anarchie und Freiheit auch noch in den nächsten 25 Jahren durch die (Archiv-)Ordner weht, und Menschen zu kreativem Widerstand und dem Leben von Utopien inspiriert“, so die UWZ-ArchivarInnen.

Bernd Drücke

Kontakt:

Umweltzentrum-Archiv e.V. / www.uwz-archiv.de
c/o Dr. Bernd Drücke, dr.druecke[at]gmx.net

Umweltzentrum-Archiv Münster,
c/o Archiv für alternatives Schrifttum (afas)
Münzstraße 37-43
47051 Duisburg
Tel.: 0203 / 93 55 43 00
Fax: 0203 / 93 55 43 02
E-Mail: afas-archiv[at]t-online.de
www.afas-archiv.de

 

Literatur

  • BUNTE SEITEN Ausgabe 2003+. Verzeichnis alternativer Projekte, Initiativen & Betriebe. Mit Reader der AlternativMedien, Contraste, Zeitsprung-Verlag, Heidelberg
  • Bernd Hüttner: Archive von unten. Bibliotheken und Archive der neuen sozialen Bewegungen und ihre Bestände, AG SPAK, Neu-Ulm 2004
  • Jürgen Bacia, Dorothée Leidig (afas): Geschichte von unten im Abseits. Plädoyer für die Stärkung freier Archive, in: Archivar Heft 2/2006
  • Bernd Drücke: Zwischen Schreibtisch und Straßenschlacht? Anarchismus und libertäre Presse in Ost- und Westdeutschland, Verlag Klemm & Oelschläger, Ulm 1998